Wurde Kinderarbeit in Usbekistan wirklich eingestellt?

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Trotz der Tatsache, dass Usbekistans Gesetzgebung Zwangs- und Kinderarbeit generell verbietet, gibt es Indikatoren dafür, dass seit 2015 zwangsweise Kinderarbeit in mindestens fünf vom Staat kontrollierten Baumwollfeldern aufgetreten ist.

Ausbeutendes Arbeitssystem in der Baumwollindustrie des Landes

Usbekistan ist einer der weltgrößten Baumwollproduzenten, aber die jährliche Produktion dieser Industrie beruht teilweise noch immer darauf, dass zentrale und lokale Autoritäten Kinder für diese Arbeiten mobilisieren. Zudem werden etwa 3 Millionen Personen, die eigentlich Jobs im öffentlichen Sektor haben, Sozialleistungen erhalten oder minderjährige Schüler sind, zu Zwangsarbeit herangezogen.

Bis 2012 waren in Usbekistan Kinder ein übliches und dabei das am meisten verletzliche Ziel in der Mobilisierungspolitik des Staates für die Baumwollindustrie.

Internationaler Druck hat die Regierung des Landes dazu gebracht, die früheren Einberufungen der Kinder aus ihren Schulen einzudämmen und den Fokus stattdessen auf Gruppen von Menschen zu richten, die von staatlichen Zuwendungen abhängig sind.

 

Die Kinderarbeit wurde eingedämmt, aber nicht völlig aufgegeben

Die eindeutige Verpflichtung seitens der Regierung, alle Formen von wirtschaftlicher Ausbeutung von Kindern zu eliminieren, ist in Übereinstimmung mit den internationalen Standards. Doch die Ausbeutung scheint hauptsächlich wegen des daraus entstehenden wirtschaftlichen Nutzens für das Land eingedämmt worden zu sein. Dass diese Praktiken in Teilen weiter bestehen zeigt, dass eine Rückkehr zur Kinderarbeit möglich ist, sollte der internationale Druck künftig entfallen.

Zum Beispiel hat Usbekistan das Ernten von Baumwolle auf seine offizielle Liste für gefährliche und schädliche Arbeit für Minderjährige gesetzt. Usbekistan ist auch an Vorschriften gebunden, die das Mindestalter für eine Anstellung auf 15 Jahre festsetzt und spezifiziert, dass leichte Arbeiten für Kinder über 13 Jahre nur erlaubt sind, sofern sie nicht gesundheitsschädigend ist oder Bildung verhindert.

Dennoch scheint die Durchsetzung dieser Vorschriften nicht umfassend genug zu sein, denn es gibt Anzeichen dafür, dass sich einige usbekische Autoritäten in unakzeptabler und schädlicher Weise an der Aushöhlung von Kinderrechten beteiligt haben. In einigen Teilen des Landes beinhaltet dies die Einschränkung des Schutzes von Kindern vor wirtschaftlicher Ausbeutung und einen mangelhaften Zugang zu Schulbildung.

 

Das Recht auf uneingeschränkte Bildung ist wesentlich für die Entwicklung von Kindern

Offenbar wurden seit 2015 Kinderrechte in mindestens fünf Gegenden in Usbekistan von der nationalen Baumwollindustrie untergraben. Kinder wurden in den Frühlings- und Herbstmonaten gezwungen, die Schule zu verlassen und sich an Feldarbeiten zu beteiligen. Es wurde bestätigt, dass an mindestens zwei Orten Kinder unter zehn Jahren für mehr als einen Monat in die Baumwollfelder geschickt wurden.

Von einigen Seiten wird argumentiert, dass der von der Baumwollindustrie getragene wirtschaftliche Aufschwung wichtige Perspektiven und Ressourcen für die zukünftige Entwicklung von Kindern mit sich bringt und dadurch auch die Achtung von Kinderrechten steigen wird. Doch kann die institutionalisierte Ausbeutung von Kindern unter keinen Umständen den Weg zur Erschaffung einer Umgebung ebnen, die der Entwicklung des Potentials eines jeden Kindes angemessen ist.

Kinder in Usbekistan, ihre persönlichen Lebensziele und ihre Bildung dürfen nicht den Interessen der vom Staat kontrollierten Industrie geopfert werden. Sie sollten auf eine Art und Weise unterrichtet werden, die es ihnen erlaubt, sich mit ihren Potentialen eine Zukunft aufzubauen und ein soziales Leben ohne Einschränkungen zu genießen.

 

An einigen Orten ist die Baumwollernte wichtiger als der Schulunterricht

Infolge der Kinderarbeit sind Schulen zu fast einem Drittel des akademischen Jahres von Schließungen und Lehrerkürzungen bedroht. Um dies zu vertuschen und Beweise für die Zwangsarbeit zu verschleiern werden von Schulen gefälschte Schülerzahlen angegeben, was die Lehrer und Schüler negativ beeinflusst.

Zwangsarbeit von Kindern ist in Usbekistan definitiv nicht obligatorisch oder staatlich vorgeschrieben, aber da Schulbeamte eine entscheidende Rolle bei der Mobilisierung der Schüler spielen (meistens mit stiller Unterstützung lokaler Autoritäten), sind diese verständlicherweise nicht in der Position, solche Anfragen zu verweigern. Oder aber sie sind sich gar nicht bewusst, dass eine solche Behandlung unentschuldbar ist.

Es gibt besonders besorgniserregende Anzeichen dafür, dass lokale Vollstreckungsbeamte aktiv Kinder mehr als einen Monat vor Kontrolleuren versteckten, die Arbeitsplätze überprüfen und die Beteiligung von Schülern der Klassen 5-9 (im Alter von 6-14) in der Baumwollernte überwachen.

Da Drohungen, Einschüchterungen und Verschleierungen weiterhin zu den prägenden Eigenschaften dieser Mobilisierungsstrategie gehören, sind Menschenrechtsorganisationen, die über diese Zwangsarbeit berichten, aktuell die einzige Hilfe, um die Ausbeutung von Kindern zu stoppen.

Das Recht auf Bildung und eine freie Kindheit sind grundlegende Bedingungen, damit Kinder ihr volles Potential entfalten können, aber leider werden diese Rechte in Usbekistan noch vielen Kindern vorenthalten.
Sogar Kinder, die nicht mobilisiert und zu Baumwollfeldern gebracht worden sind, leiden unter der Zwangsarbeit, die ihre Lehrer und Freunde beeinflusst. In der Konsequenz bildet sich das Bildungssystem im Land sehr schnell zurück, und jedes Jahr wird es für junge Leute schwieriger dieses System, das Zwangsarbeit noch immer als akzeptables Mittel zur Entwicklung des Landes ansieht, zu verändern.

 

Geschrieben von Goran Batinica
Korrektur gelesen von Faiz Kermani
Übersetzt von Sina Acksen
Korrektur gelesen von Sascha Pries

 

Quellen:

Human Rights Watch (June 2017), ‘We Can’t Refuse to Pick Cotton’ : Forced and Child Labor Linked to World Bank Group Investments in Uzbekistan. Retrieved from: https://www.hrw.org/sites/default/files/report_pdf/uzbekistan0617_web_3.pdf

Financial Times (June 27, 2017), World Bank accused over child labour in Uzbekistan. Retrieved from : https://www.ft.com/content/215070fc-5b4b-11e7-9bc8-8055f264aa8b

The Uzbek-German Forum for Human Rights (n.d). Child Labour in Uzbekistan. Retrieved from: http://uzbekgermanforum.org/child-labour-in-uzbekistan/