Die Kinder in Turkmenistan

Die Kinder in Turkmenistan

Kinderrechte in Turkmenistan durchsetzen

Turkmenistan ist eines der Länder weltweit, in denen Menschen den meisten Einschränkungen unterworfen sind. Seit dem Fall der USSR 1991 hat sich Turkmenistan zu einer strikten Diktatur entwickelt. Der frühere Präsident Niyazov führte das Land bis zu seinem Tod. Als er 1985 die Macht erlangte, nannte er sich selbst „Turkmenbashi“ (Vater der Turkmenen) und ernannte sich selbst zum Präsident auf Lebenszeit. Er kreierte, auf Kosten des Landes, einen Kult um sich bei dem er sich von seinen Anhängern anbeten ließ und nahm den Bürgern Turkmenistans fast alle Rechte und Freiheiten. Deshalb birgt der Status der Kinderrechte nach wie vor Anlass zur Sorge.

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Index der Realisierung von Kinderrechten: 6,30 / 10
Rote Stufe: Schwierige Situation

Bevölkerung : 5,2 Millionen
Bev. 0-14 Jahren : 26,7 %

Lebenserwartung : 66,4 Jahre
Kindersterblichkeit : 53 ‰

Die Hauptprobleme mit denen Kinder in Turkmenistan konfrontiert sind:

Armut

50% der Bevölkerung Turkmenistans lebt unterhalb der Armutsgrenze.  Die Wirtschaft Turkmenistans hängt in großem Maß vom Abbau natürlicher Gase (das 5. größte Vorkommen in der Welt) und dem Bohren nach Öl ab. Turkmenistan ist weltweit der zehntgrößte Produzent von Baumwolle.
Es ist jedoch klar, dass von den Vorteilen, die durch diese Tätigkeiten gewonnen werden, die breite Masse der Bevölkerung nicht profitiert. Die höchsten Regierungsbeamten haben ein Monopol in diesen Industrien.

Bildung

Die Neugestaltung des Bildungssystems

Der Bildungsgrad der turkmenischen Bevölkerung ist in wesentlichem Maße gesunken seitdem Turkmenistan seine Unabhängigkeit erklärt hat.

Bildung ist für Kinder grundsätzlich kostenlos. Trotzdem haben Kinder in abgelegenen Gegenden oft keinen Zugang zum Schulsystem.

Auch wenn das turkmenische Bildungssystem einige Aspekte des sowjetischen Systems teilt, hat die gegenwärtige Regierung entschieden, einige Änderungen einzuführen, damit die Kinder ein höheres Bildungslevel erreichen können. Der Lehrplan in Grundschulen und weiterführenden Schulen wurde nach dem Vorbild westlicher Bildungsmodelle neu gegliedert. Das lateinische Alphabet wurde wieder eingeführt, sodass nicht nur das arabische Alphabet gelehrt wird. Die Klassen werden in Turkmenisch, Russisch und Englisch unterrichtet.

Die Regierung hofft, dass diese Änderungen dazu führen werden, dass es gut ausgebildete Arbeiter in Turkmenistan gibt und das Land die Möglichkeit hat, ein globaler Akteur zu werden.

Die Ruhnama

Als Teil der Neustrukturierung des Bildungssystemssetzte der frühere Präsident Saparmurat Niyazov, der 2006 starb, das Buch, dass „Ruhnama“ genannt wird, als einziges verpflichtendes akademisches Buch ein. Der Präsident sagte, dass dieses Buch „in seinem Herzen geboren wurde durch den Willen des Allmächtigen“. Er verfügte, dass alle Turkmenen den Prinzipien des Buchs wortwörtlich folgen müssen. Auch zwang er die turkmenischen Imame dem Buch den gleichen Status wie dem Koran, der Bibel und der Thora zu verleihen.

Die Ruhnama wurde der Hauptgegenstand des turkmenischen Bildungssystems.  Schüler der Mittelstufe bis hin zu Studenten der Universitäten mussten Passagen aus dem Buch auswendig lernen.

Die Etablierung der Ruhnama als Grundstein des turkmenischen Bildungssystems hat das System so sehr verzerrt, dass Experten große Bedenken darüber haben, inwieweit die Qualität der Bildung und auch die Zukunft der turkmenischen Nation gelitten haben. Das gegenwärtige System hat im Grunde eine Generation geschaffen, deren Wissen auf die Biographie des Präsidenten Niyazov beschränkt ist.

Kinderarbeit

Die International Crisis Group veröffentlichte 2005 einen Bericht, der die Auswirkungen offenlegte, die die Baumwollindustrie auf die Rechte der Kinder hat. Der Report zeigt die extrem strikten Arbeitsbedingungen der Kinder in den Baumwollfeldern auf.

Schulen in ländlichen Gegenden schließen jedes Jahr während der Erntesaison (September bis Dezember).  Schüler und alle anderen Kinder werden gezwungen ohne Bezahlung in den Baumwollfeldern zu arbeiten.

Ethnische Minderheiten

85% der Bevölkerung in Turkmenistan sind Turkmenen. Der Rest sind ethnische Minderheiten: Usbeken, Kasachen, Armenier, Ukrainer, Tataren und Aserbaidschaner. Die Regierung von Präsident Niyazovs führte die Regelung der „Turkmenisation“ ein, die die Rechte der Minderheiten einschränkte.

Der frühere Präsident wollte die historischen Verbindungen mit der ehemaligen UdSSR trennen und seinem Land ein „turkmenisches Gesicht“ geben. Um das zu erreichen verfügte er, dass Turkmenisch die offizielle Sprache des Landes ist, auch wenn die es Verfassung vorschreibt, dass alle Sprachen der früheren UdSSR den gleichen Stellenwert haben sollen.

Kinder aus Minderheiten, müssen, wie auch die Erwachsenen, Turkmenisch lernen und ziehen die Sprache oft ihrer eigenen Muttersprache vor. Die meisten Schulen, die in den Sprachen ethnischer Minderheiten unterrichteten, haben geschlossen. Es liegt an den Eltern ihren Kindern diese Sprachen beizubringen.

Die Behandlung der ethnischen Minderheiten ist sogar noch schlimmer. Sie werden als Bürger zweiter Klasse angesehen und sind sozial Ausgestoßene. Auch werden sie immerzu diskriminiert against. Sie haben keinen Zugang zu Bildung in derselben Qualität wie die Turkmenen, wodurch ihre Chancen, an einer Universität angenommen zu werden, sehr gering sind. Dadurch werden sie von der Arbeit in vielen Industrien ausgeschlossen.

Religiöse Diskriminierung

89% der Bevölkerung in Turkmenistan sind Muslime. Religiöse Minderheiten werden von der Regierung nicht offiziell anerkannt. Amnesty International berichtet, das viele ethnische Turkmenen, die sich zu anderen Glaubensrichtungen als der offiziellen Religion bekennen, gezwungen wurden, ins Exil zu gehen oder gegen ihren Willen in eine andere Region des Landes transportiert wurden, wo sie von der Polizei misshandelt oder gefoltert wurden.

Kinderehen

Arrangierte Kinderehen sind in Turkmenistan allgegenwärtig, weil diese Ehen gute Verbindungen zwischen zwei Familien garantieren. Der Vater bekommt eine Mitgift aus Geld, Kamelen oder Schafen. Manchmal verheiraten die Väter ihre Töchter ihrem Alter nach.

Sobald sie verheiratet sind, gehören die jungen Mädchen vollkommen zu ihrer neuen Familie und es wird von ihnen erwartet, innerhalb des ersten Ehejahres schwanger zu werden.

Diese erzwungenen Ehen sind aus zwei Gründen klare Verletzungen der Kinderrechte: Erstens, weil die Kinder meistens noch nicht das Alter erreicht haben, um legal heiraten zu können; und zweitens, weil diese Praxis den Kindern die Freiheit nimmt, eigene Entscheidungen über ihre Zukunft zu treffen.

Unglücklicherweise sind arrangierte Ehen in Turkmenistan, wie in vielen anderen Ländern, tief in den Traditionen des Landes verankert und diese sind nur schwer zu überwinden.

Gesundheitsfürsorge

Obwohl das turkmenische Gesundheitssystem theoretisch freien Zugang zur Gesundheitsfürsorge für alle Bürger zur Verfügung stellt, ist es in der Praxis nicht ganz so effektiv.
Die Ineffizienz des Systems betrifft vor allem Kinder. Die hohe Kindersterblichkeitsrate (53‰) ist zum Großteil in Unterernährung einem schlechten Gesundheitssystem, häuslicher Gewalt, und einem Mangel an Hygiene begründet.

Die vorhandenen Ärzte haben größtenteils schlechte Qualifikationen und wenig Zugang zu grundlegenden Medikamenten, ganz zu schweigen von adäquater medizinischer Ausrüstung. Die medizinische Infrastruktur ist ziemlich fehlerhaft und zeigt die Mängel des Gesundheitssystems auf.  Zudem haben Menschen in ländlichen Gegenden noch nicht einmal Zugang zu dieser limitierten Gesundheitsfürsorge.

Wegen der schlechten Qualität des Gesundheitssystems wenden sich viele Turkmenen der traditionellen Medizin, wie Kräuterbehandlungen und Gebeten, zu.

Prostitution

Eine wachsende Anzahl an jungen Mädchen in Turkmenistan prostituieren sich, um für sich selbst sorgen zu können. Es ist weit verbreitet, dass Schulmädchen ihre Dienste Männern auf der Straße anbieten, sowohl in urbanen Gegenden als auch in baumwollproduzierenden Regionen.

Manche Familien gehen soweit, in ihrem Zuhause ein Bordell aufzubauen und bieten die Dienste ihrer eigenen Töchter an.