Erdölförderung in Uganda und ihre Auswirkungen auf die Rechte von Kindern

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Im Rahmen eines von der französischen Firma TotalEnergies geleiteten Projekts wurde der Bau einer kolossalen 1.443 km langen Pipeline zwischen Uganda und Tansania vereinbart, durch die Rohöl transportiert werden soll. Die Pipeline soll in den Hafen von Tanga, Tansania, führen, um anschließend in verschiedene Teile der Welt exportiert zu werden. Obwohl es von seinen Befürwortern als hoffnungsvolles Projekt präsentiert wird, das ein solides Wirtschaftswachstum auf nationaler Ebene in Uganda und Tansania verspricht, sorgen sich lokale und globale Gemeinschaften, einschließlich Kindern, um humanitäre, ökologische und soziale Gerechtigkeitsprobleme.

Vom Erdölfund zur umstrittenen Ausbeutung

Nach der Entdeckung von Rohöl im Jahr 2006 im Westen Ugandas wurden nationale und internationale Anstrengungen unternommen, es zu fördern (FIDH, 2020, S. 6). Das französische Unternehmen TotalEnergies ist eines der führenden Unternehmen, das zwei Großprojekte plant: das Tilenga-Projekt und die Pipeline EAOCP (East African Crude Oil Pipeline) (TotalEnergies, 2023).

Das EACOP-Projekt umfasst den Bau einer 1.443 km langen Pipeline, die erwärmtes Rohöl zur weiteren Raffination und zum Export an die tansanische Küste transportieren soll (Human Rights Watch (HRW), 2023, S. 11) – und damit neue Grenzen für die Energieförderung ziehen würde. Das Projekt selbst ist umstritten, weil es unter anderem Gemeinschaften, Ökosysteme, Biodiversität und Lebensgrundlagen gefährdet, was zu direkten und unmittelbaren Schäden führt.

Die Projekte wurden als Fortschrittsgelegenheit für ugandische und tansanische Familien präsentiert: Beschäftigungsmöglichkeiten, verbesserte Lebensbedingungen und Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen (The Guardian, 2021) (Al Jazeera, 2023). Allerdings hat sich ein solcher Fortschritt bisher noch nicht materialisiert. 

Der Infrastrukturbauplan wurde bereits in Gang gesetzt und mit ihm das Grundstückserwerbsprogramm. Im Jahr 2022 veröffentlichte die NGO Les Amis de la Terre France einen Bericht, in dem sie anprangerte, dass in einem frühen Stadium des Projekts eine beträchtliche Anzahl von Menschen von unterschiedlichen Menschenrechtsverletzungen betroffen war (Les Amis de la Terre France, 2022).

Die Familien, die mit großer Unsicherheit leben müssen, beklagen den Entzug des Zugangs zu ihrem Land und damit auch zu der Arbeit, die die Nutzung des Landes erfordert (Les Amis de la Terre France, 2022, S. 18-21). Die für das Projekt zuständigen Behörden planten offenbar eine schnelle Entschädigung unter Einhaltung internationaler Standards (Les Amis de la Terre France, 2022, S. 19). In den meisten Fällen verzögerte sich die Entschädigung jedoch um 3 bis 5 Jahre und wurde dann inflationsbedingt unbedeutend (Les Amis de la Terre France, 2022, S. 15).

Andere Berichte von Watchdog-NGOs haben diese und weitere Rechtsverletzungen bestätigt. Einer der jüngsten Berichte stammt von der nichtstaatlichen Organisation HRW, die auf der Grundlage von Interviews mit Einheimischen bestätigte, was Les Amis de la Terre 2022 angeprangert hatte – der Landerwerbsprozess wirkt sich weiterhin negativ auf viele Haushalte in den betroffenen Gebieten aus (HRW, 2023, S. 14).

Direkte Auswirkungen auf die Rechte von Kindern

Der Entzug des Zugangs zu ihrem Land – der Hauptquelle des Lebensunterhalts für diese Familien – löst soziale und kulturelle Probleme aus und erzeugt so einen Teufelskreis von Verstößen, nicht nur in Bezug auf Erwachsene, sondern auch in Bezug auf die Rechte von Kindern. 

Es gibt viele Folgen, die dieses spezielle Szenario auslösen kann, zum Beispiel Ernährungsunsicherheit, Unterernährung, extreme Armut aufgrund des Verlusts von Beschäftigung und Einkommen von Erwachsenen, die sich negativ auf die Lebensqualität des Kindes auswirkt; Gesundheitsbeeinträchtigung, Schwächung des Immunsystems der Kinder; Kinderarbeit, denn fehlendes Einkommen kann Kinder dazu zwingen, die Schule zu verlassen und sich schließlich auf das zu konzentrieren, was unmittelbar notwendig ist; Anfälligkeit für Misshandlung, Ausbeutung und Gewalt und, wie bereits erwähnt, Schulabbruch.

Haushalte in den betroffenen Gebieten haben etwa mehr als 10 Kinder pro Wohnsitz (HRW, 2023, S. 17). Trotz Eindämmungsplänen leiden Familien Berichten zufolge unter Nahrungsmittelknappheit und einem begrenzten Zugang zu Trinkwasser (Les Amis de la Terre France, 2022, S. 20-21). Diese Information wird im HRW-Bericht wiederholt, der ein Jahr später bestätigt, dass es immer noch Familien gibt, die weiterhin beeinträchtigt sind (HRW, 2023, S.39).

Eine weitere auffällige Feststellung im HRW-Bericht ist der Entzug des Rechts auf Bildung von Kindern (HRW, 2023, S. 24). Der Entzug des Zugangs zu Land verursachte ein Ungleichgewicht im Leben der Familien in einem solchen Ausmaß, dass einige Eltern gezwungen waren, ihre Kinder in Schulen mit niedrigeren Gebühren anzumelden, und andere Kinder einfach gezwungen waren, die Schule zu verlassen, um bezahlte Arbeit auszuüben (HRW, 2023, S. 25-26). Tatsächlich verzeichnete HRW insgesamt 37 Fälle in 17 Familien, in denen Kinder die Schule abbrachen (HRW, 2023, S. 25-26).

Weitreichende Umweltfolgen 

Das EACOP-Projekt ist besonders umstritten, da es darauf ausgerichtet ist, eine beträchtliche Anzahl von Naturschutzgebieten, Naturparks und Bächen zu durchqueren und damit diverse Ökosysteme zu stören. Insgesamt ist die in der Region ansässige Bevölkerung vor allem auf Bäche, Seen und Brunnen als Wasserquellen  angewiesen – in vielen Fällen mit begrenzter oder gänzlich ohne Aufbereitung (FIDH, 2020, S. 8).

Um nur einige konkrete Beispiele zu nennen: Im Murchison Falls National Park leben etwa 144 Säugetierarten, die durch dieses Projekt gefährdet wären (RFI, 2023). Als bereits touristischer Ort ist zu befürchten, dass dieses Projekt die Besucherzahl vervielfacht und damit das Ökosystem des Nationalparks bedroht (FIDH, 2020, S. 8).

Afrikas siebtgrößter See, der Albertsee, welcher derzeit den größten Beitrag zur Fischerei in Uganda leistet und etwa 43 % der Fischereien des Landes unterstützt (HRW, 2023, S. 14). Die Biodiversität des Sees würde laut Experten aufgrund der Ölförderungs-, Vertriebs- und Exportprojekte verändert werden (The Oxford Institute for Energy Studies, 2015, S. 36) (FIDH, 2020, S. 7).

Die Störung des Viktoriaseebeckens – eines der Hauptreservoirs des Nils und der zweitgrößte Süßwassersee der Welt – könnte Auswirkungen auf rund 40 Millionen Menschen haben, die derzeit von ihm abhängig sind (Les Amis de la Terre France, 2022, S. 29) (HRW, 2023, S. 14).

Klimakrise: Intergenerationelle Gerechtigkeit

Laut einer Bewertung von Experten wird das Projekt 379 Millionen Tonnen Verschmutzung durch Klimaerwärmung erzeugen – mehr als das 25-fache der kombinierten jährlichen Emissionen von Uganda und Tansania (The Guardian, 2022) (Climate Accountability Institute, 2022).

Übermäßiger Kohlenstoffverbrauch bedeutet, dass die Kinder von heute mit einem viel schnelleren Anstieg kohlenstoffarmer Energie konfrontiert werden und folglich sowohl unter vorübergehenden als auch langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen leiden werden (Aoife Daly, 2022, S. 5) (IPCC, 2014, S. 12).

Intergenerationelle Gerechtigkeit als Kernelement des Prinzips der Nachhaltigkeit wird in diesem Zusammenhang relevant, da sie die Notwendigkeit unterstreicht, sicherzustellen, dass die Ausbeutung natürlicher Ressourcen zum Nutzen der Gegenwart die Lebensqualität und die Lebensgrundlagen künftiger Generationen nicht beeinträchtigt (Rubin, Alfred P., 1992, S. 173). Dies erinnert an die Verantwortung, ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz zu wahren. 

Der Klimawandel und die Störung der Biodiversität verursachen schädliche Auswirkungen, die langfristig das Leben von Kindern auf Jahre hinaus stören werden (Report of the Special Rapporteur, 2018, Abs. 69). Es gibt zahlreiche Rechte, die in der Konvention über die Rechte des Kindes (CRC) und anderswo anerkannt sind, die bereits heute betroffen sind, einschließlich des Rechts auf eine gesunde Umwelt, Gesundheit, Schutz, Wohlbefinden, Information, Teilhabe (CRC, 1989).

Erkundung von Strategien zur Bewältigung der Situation

Es ist bekannt, dass Staaten verpflichtet sind, die Menschenrechte des Einzelnen zu respektieren, zu schützen und zu gewährleisten. Darüber hinaus sind Staaten dazu verpflichtet, Kinder vor Umweltschäden zu schützen, indem sie sicherstellen, dass ihr Wohl bei allen Entscheidungen, die ihnen Schaden zufügen können, im Vordergrund steht, und dies auch durch die Regulierung privater Unternehmer (Report of the Special Rapporteur, 2018, Abs. 59).

Der Übergang von fossilen zu grünen Energiealternativen wird nicht sofort zu machen oder einfach sein. Er ist jedoch unerlässlich, um den Klimawandel zu bekämpfen und sich in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft zu bewegen. Es ist grundlegend wichtig zu erkennen, dass dies kollektive Maßnahmen und nicht nur individuelle oder unkoordinierte Anstrengungen erfordert.

Die ugandische und tansanische Regierung sind dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass jede wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig gesteuert wird und dass das, was als laufende Einnahmen betrachtet werden könnte, nicht zu irreparablen Verlusten für zukünftige Generationen führt. 

In Wirklichkeit spielen staatliche Politik und Maßnahmen eine Schlüsselrolle bei den globalen Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels. Die ugandischen und tansanischen Staaten müssen sich an international festgelegte Ziele halten. Steuerliche Anreize könnten eine Alternative für Unternehmen und Einzelpersonen sein, in grüne Energieprojekte zu investieren. 

Um diesen Übergang zu fördern, sind auch wirksame Durchsetzungsmechanismen ausschlaggebend, und die Rollen der Bürger und Watchdog-NGOs sind in diesem Prozess von entscheidender Bedeutung. 

Als NGO, die sich auf das Wohlergehen von Kindern weltweit konzentriert, verurteilt Humanium die Verletzung der Rechte von Kindern auf eine gesunde Umwelt mit Nachdruck. Humanium setzt sich weiterhin dafür ein, das Bewusstsein für die Rechte von Kindern zu schärfen. Aus diesem Grund appellieren wir an die Mitarbeit derer, die sich für Klimaschutz und Kinderrechte engagieren. Wenn Sie unser Anliegen unterstützen möchten, erwägen Sie bitte eine Spende, oder ziehen Sie eine Patenschaft oder ehrenamtliche Arbeit in Projekten, die Humanium derzeit durchführt, in Betracht.

Geschrieben von Camila Ortiz Britez

Übersetzt von Susanne Russell

Korrekturgelesen von Karolina Hofman

Bibliographie:

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