Das Bildungssystem in Nordmazedonien steht vor einer Reihe von besonderen Herausforderungen. Die derzeitige Situation ist durch beispiellose Hindernisse gekennzeichnet, insbesondere durch den Mangel an Schulbüchern, der auf die komplexen politischen Verhältnisse zurückzuführen ist, und durch das häufige Auftreten falscher Bombendrohungen. Infolgedessen haben sich diese Schwierigkeiten verstärkt, so dass die Jugend des Landes auf ihrem Bildungsweg erhebliche Einbußen hinnehmen muss.
Ursachen für die gesunkene Qualität der Bildung
Das Bildungssystem in Nordmazedonien befindet sich in einer schwierigen Lage, da die Grundschüler seit mehreren Jahren keine Schulbücher mehr erhalten haben. Dieses Problem trat mit der Einführung eines neuen Gesetzes über Schulbücher im Schuljahr 2021/2022 auf, das darauf abzielte, kritisches Denken und Problemlösungskompetenz durch die Digitalisierung von Büchern zu fördern (Samardjiev A, 2024).
Obwohl das Ministerium für Bildung und Wissenschaft zugesagt hat, im Jahr 2022 ein neues Gesetz für digitale Bildungsmaterialien zu erlassen, ist der Übergang von traditionellen zu digitalen Schulbüchern noch nicht erfolgt. Folglich sind digitale Schulbücher nach wie vor eher eine Alternative als eine weit verbreitete Praxis im Bildungssystem (Georgievski, n.d.).
Trotz der heftigen Einwände der Eltern gibt es nach wie vor keine neuen Schulbücher, so dass die Schüler der dritten und sechsten Klasse ohne grundlegende Unterrichtsmaterialien auskommen müssen. Die Situation hat die Lehrer gezwungen, Lehrbücher zu fotokopieren, eine Praxis, die zwar illegal ist, aber aufgrund des anhaltenden Mangels üblich geworden ist (Samardjiev A, 2024).
Erschwerend kommt hinzu, dass in ganz Nordmazedonien aufgrund häufiger Bombendrohungen tägliche Schulevakuierungen zur verstörenden „Norm“ geworden sind. Diese Besorgnis erregenden Vorfälle zwingen Schüler und Lehrer, die Schule überstürzt zu evakuieren, bis die Polizei Bombenentschärfungen durchführt, weshalb häufig Schultage verloren gehen. Die ständigen Unruhen rauben den jungen Mazedoniern ihr Recht auf Bildung und tragen zur Frustration einer bereits gestressten Gemeinschaft bei (Heil, 2023).

Das Bildungssystem ist nicht in der Lage, die Schüler auf den Erfolg vorzubereiten
Das Bildungssystem in Nordmazedonien bereitet die Schüler nicht angemessen auf eine erfolgreiche Zukunft vor und trägt so zur ständigen Abwanderung bei. Obwohl sie die vermeintlichen zukünftigen Führungskräfte der Nation sind, sehen sich viele junge Menschen gezwungen, das Land aufgrund besserer Chancen anderswo zu verlassen. Die Mängel des Systems zeigen sich in der rückläufigen Geburtenrate und dem erheblichen Bevölkerungsverlust, wie die Volkszählung 2021 ergab (Samardjiev, 2022).
Der Wunsch auszuwandern ist bei den unter 28-Jährigen besonders stark ausgeprägt, worin sich ein Mangel an Vertrauen in die Fähigkeit des Landes zeigt, eine vielversprechende Zukunft zu bieten. Dieser Trend deutet darauf hin, dass das Bildungssystem die Schüler nicht mit den Fähigkeiten und Möglichkeiten ausstattet, die sie benötigen, um im Land erfolgreich zu sein, wodurch sich die Problematik der Abwanderung weiter verschärft und das Wachstums- und Entwicklungspotenzial des Landes gebremst wird (Samardjiev, 2022).
Die Abwanderung junger Menschen aus Nordmazedonien bedeutet eine große gesellschaftliche Herausforderung und beeinträchtigt Investitionen in wichtige Programme wie die nationale Digitalisierung. Faktoren wie wirtschaftliche Instabilität, fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten und Unzufriedenheit mit den sozioökonomischen Strukturen treiben diesen Trend voran. Die Abwanderung hochqualifizierter Personen untergräbt die Bemühungen um die Umsetzung von Initiativen mit dem Ziel, die Aussichten des Landes zu verbessern, und erschwert den Fortschritt und die Entwicklung des Landes (Parker et. al., 2021).
Die dringende Notwendigkeit, den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Schulbildung für Kinder zu verbessern
Statistiken zeigen, dass 4 % der Kinder im Land das Lesen nicht beherrschen, und 38 % erreichen am Ende der Grundschulzeit nicht die minimalen Leistungsanforderungen. Darüber hinaus besuchen 8 % der Kinder im Grundschulalter keine Schule, wodurch sich die Problematik der Lernarmut weiter zuspitzt. Diese Zahlen verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, die Lernarmut zu bekämpfen und den Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung für alle Kinder zu gewährleisten (The World Bank, 2021).
Die PISA-Ergebnisse von 2022 zeichnen ein ernüchterndes Bild der Bildungslandschaft von Nordmazedonien, das in Mathematik auf Platz 61, im Lesen auf Platz 71 und in den Naturwissenschaften auf Platz 68 von 81 Ländern rangiert. Diese Platzierungen verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, Bildungsmängel zu beheben, um sicherzustellen, dass die Kinder ihr Recht auf eine qualitativ hochwertige Bildung wahrnehmen können (Republika, 2023).
Das Ministerium weist auf die Bedeutung der PISA-Studie hin und macht darauf aufmerksam, dass der Test praktische Kenntnisse misst, die für das schulische und berufliche Vorankommen der Schüler wichtig sind. Da der Schwerpunkt auf Problemlösungs- und Verständnisfähigkeiten und nicht auf Auswendiglernen liegt, bringt die Bewertung die kritischen Bereiche ans Licht, in denen dringend Verbesserungen erforderlich sind, um die Bildungsstandards in Nordmazedonien zu verbessern (Republika, 2023).
Kinder mit der Schule befähigen
Um sicherzustellen, dass die Schüler in Nordmazedonien ihr Recht auf Bildung in vollem Umfang wahrnehmen können, müssen die Schulen vorrangig grundlegende Dinge wie Lehrbücher, Zugang zu einer sicheren Lernumgebung sowie die notwendige Unterstützung bereitstellen, damit sie zu produktiven Teilnehmern in der Gesellschaft werden können. Dieser Ansatz kann dazu beitragen, dass Jugendliche nicht mehr gezwungen sind, aufgrund der Schwierigkeiten in ihrem eigenen Land nach Möglichkeiten im Ausland zu suchen.

Darüber hinaus müssen führende Politiker und Entscheidungsträger erkennen, wie wichtig eine Aufstockung der öffentlichen Mittel für die Bildung ist. Eine angemessene Finanzierung ist entscheidend, damit Schulen die nationalen Bildungsstandards erfüllen und den Zugang und die Einbindung der schwächsten Kinder, insbesondere derjenigen aus ärmeren Haushalten, gewährleisten können (UNICEF, 2024).
Humanium hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Chancen für Kinder weltweit zu verbessern und dafür zu sorgen, dass jedes Kind die gleichen Möglichkeiten hat, seine Rechte zu verwirklichen. Ihre Unterstützung in Form von Spenden, Freiwilligenarbeit, oder Kinderpatenschaften ermöglicht es uns, Kindern in Not wichtige Ressourcen und Förderprogramme zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam können wir sie befähigen, ihr Potenzial voll auszuschöpfen.
Geschrieben von Lidija Misic
Übersetzt von Claudia Flanner
Literaturhinweise:
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Heil Andy (2023), As Bomb Threats Send Kids Home From School, Macedonians Fear A Return To Online Learning. Retrieved from Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) at https://www.rferl.org/a/macedonia-school-bomb-threats-fear-oinline-learning/32292312.html. Accessed on March 10, 2024.
Parker Kimberly et al. (2021), Reflections on the Emigration Aspirations of Young, Educated People in Small Balkan Countries: A Qualitative Analysis of Reasons to Leave or Stay in North Macedonia. Retrieved from The Central and Eastern European Migration Review (CEEMR) at http://ceemr.uw.edu.pl/vol-11-no-1-2022/articles/reflections-emigration-aspirations-young-educated-people-small-balkan. Accessed on March 10, 2024.
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