Risiken für Kinder beim Surfen im Internet

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Das Internet verfügt weltweit über das Potential, den Horizont zu erweitern und die Kreativität zu entfachen. Doch mit diesen Chancen gehen auch ernsthafte Risiken einher: Cybermobbing, emotionaler Missbrauch, Grooming, sexueller Missbrauch und Ausbeutung zählen zu den Hauptrisiken, denen Kinder auf der ganzen Welt tagtäglich ausgesetzt sein können. Das Bewusstsein für dieses Problem zu schärfen und Instrumente zu fördern, um einige dieser Risiken mit der Zeit zu erkennen, ist der erste Schritt, um das Recht der Kinder auf Schutz und ihr Recht auf Zugang zu Informationen zu fördern. 

Was sind die Risiken für Kinder beim Surfen im Internet?

Kinder verbringen mehr Zeit online als jemals zuvor und fangen immer früher damit an. Laut UNICEF geht alle halbe Sekunde ein Kind zum ersten Mal ins Internet (UNICEF, 2023). In diesem Sinne bietet das Internet Kindern grenzenlose Möglichkeiten zu lernen, zu spielen, in Kontakt mit neuen Menschen zu treten und ihre sozialen Netzwerke auszubauen.

Wenn es richtig genutzt wird, und für alle zugänglich ist, verfügt das Internet über das Potential, auf der ganzen Welt den Horizont zu erweitern und die Kreativität zu fördern. Aber mit diesen Möglichkeiten gehen auch ernsthafte Risiken einher (UNICEF, 2023).

Das Internet macht Online-Missbrauch auf verschiedene Arten möglich. Unter Online-Missbrauch versteht man jede Art von Missbrauch, die sich im Internet abspielt. Er kann online stattfinden oder Teil eines anderen Missbrauchs sein, der offline stattfindet, wie zum Beispiel Mobbing oder Grooming.

Online-Missbrauch kann sowohl von fremden Personen, als auch von dem Opfer bekannten Personen ausgehen. Außerdem kann er über verschiedene Kanäle auftreten, darunter soziale Medien, Textnachrichten und Messenger-Apps, E-Mails, Online-Chats, Online-Spiele oder Live-Streaming-Seiten (NSPCC, 2023).

In diesem Zusammenhang bezeichnet der Begriff „Material über sexuellen Kindesmissbrauch“ (Child Sexual Abuse Material, CSAM) Bilder oder Videos, die ein Kind bei eindeutigen sexuellen Handlungen zeigen oder in denen Kinder so dargestellt werden (INHOPE, CSAM, 2023). Jenes Material kann auch selbst erstellt werden. In diesem Sinne können Kinder sexuell eindeutige Bilder produzieren, auf denen sie selbst zu sehen sind und die für eine altersgemäße Beziehung gedacht sind, die jedoch letztlich ohne Zustimmung weiträumig verbreitet werden können (UNICEF, 2023). 

Kinder und junge Menschen können verschiedene Arten von Online-Missbrauch erleben, so zum Beispiel:

  • Cybermobbing: Hierbei handelt es sich um eine Verletzung der Kinderrechte. UNICEF definiert Cybermobbing als die Nutzung elektronischer Nachrichten, um eine andere Person zu belästigen, zu bedrohen oder zu schikanieren (UNESDOC, 2019). Diese Form des Online-Missbrauchs ist auf soziale Medien oder Plattformen zum Austausch von Sofortnachrichten zurückzuführen. Im Gegensatz zu Mobbing, das offline stattfindet, kann das Kind durch Online-Mobbing überall hin verfolgt werden und es kann manchmal das Gefühl bekommen, dass es weder ein Entkommen noch einen sicheren Ort gibt (NSPCC, 2023). Wenn Kinder im Internet surfen, können sie Hassnachrichten und gewalttätigen Inhalten ausgesetzt sein – darunter auch Nachrichten, die zu Selbstverletzung und sogar Suizid aufrufen (UNICEF, 2023).
  • Emotionaler Missbrauch: Dies umfasst jegliche Form von Missbrauch, der die kontinuierliche emotionale Misshandlung eines Kindes beinhaltet, und dies kann sowohl on- als auch offline geschehen.
  • Grooming: das Internationale Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder (International Centre for Missing and Exploited Children, ICMEC) definiert Grooming als den Prozess, in dem eine erwachsene Person eine Beziehung zu einem Kind aufbaut, um online oder offline sexuellen Kontakt zu haben (UNESDOC, 2019). Kinder und Jugendliche können online oder persönlich Opfer von Grooming werden – und zwar von Fremden oder von einer ihnen bekannten Person (NSPCC, 2023).
  • Sexueller Missbrauch: Davon spricht man, wenn ein Kind oder eine junge Person zu sexuellen Handlungen verleitet oder gezwungen wird. Sexueller Missbrauch kann online stattfinden – zum Beispiel könnte ein Kind dazu gezwungen werden, Bilder oder Videos von Kindesmissbrauch zu machen, anzusehen oder zu teilen, oder an sexuellen Handlungen in Online-Gesprächen teilzunehmen. 
  • Sexuelle Ausbeutung: Hierbei handelt es sich um eine Form des sexuellen Missbrauchs. Für Kindersexualstraftäter war es noch nie so einfach, ihre potentiellen Opfer zu kontaktieren, Bilder zu teilen und andere zu Straftaten zu ermutigen. Kinder können während der Erstellung, der Verbreitung und des Konsums von Material über sexuellen Missbrauch schikaniert werden, oder ihr Vertrauen kann sich zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung erschlichen werden, indem die Täter versuchen, sie persönlich zu treffen oder sie zu expliziten Inhalten auffordern (UNICEF, 2023).

Material über sexuellen Kindesmissbrauch (Child Sexual Abuse Material, CSAM) in Zahlen

Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) werden jedes Jahr 200 Millionen Kinder sexuell missbraucht (UNESDOC, 2019). Der meiste Missbrauch findet entweder online statt oder wird aufgenommen und digital verbreitet. Die INTERPOL-Datenbank zur sexuellen Ausbeutung von Kindern enthält mehr als 1,5 Millionen Bilder und Videos, die insgesamt den Missbrauch von mehr als 19.400 Opfern weltweit festhalten (UNESDOC, 2019). Es ist wichtig, zu erwähnen, dass diese Zahlen nur einen kleinen Bruchteil des verfügbaren Materials über sexuellen Kindesmissbrauch darstellen, und dass vieles auch unentdeckt bleibt.

Laut der Internet Watch-Stiftung (Internet Watch Foundation) ist das Opfer meistens zwischen 11 und 13 Jahren alt (55 %) oder jünger als 10 Jahre (39 %) (nur 5 % sind zwischen 14 und 15 Jahren alt). Das meiste Material über sexuellen Kindesmissbrauch zeigt Mädchen (78 %), während Jungen nur in 17 % auftreten (4 % zeigt beide Geschlechter). Fast ein Viertel des gesamten Online-Materials über sexuellen Kindesmissbrauch im Jahre 2018 (23 %) gehörte zur schwerwiegendsten Sorte, einschließlich Bildern von Vergewaltigung und Folter (Puddephatt, Hargreaves, 2019). 

Was sollte man tun, wenn ein Kind über Online-Missbrauch berichtet?

Kinder und junge Menschen können einen Missbrauch jederzeit melden (AIFS, 2015). Deswegen ist es wichtig, zu wissen, wie man mit solchen Meldungen umgeht. Als erstes ist es wichtig, nicht geschockt oder ungläubig zu reagieren und die Situation ernst zu nehmen. Der nächste Schritt besteht darin, dem Kind zu versichern, dass es nichts falsch gemacht hat und dass seine Äußerung ernstgenommen wird. Anschließend ist es wichtig, dem Kind zu sagen, dass es diese Informationen an andere Personen weitergeben muss, aber nur an diejenigen, deren Aufgabe der Schutz von Kindern ist (British Council, 2023).

Da ein Vorwurf des Kindesmissbrauchs zu strafrechtlichen Ermittlungen führen kann, sollte nichts unternommen werden, was eine polizeiliche Untersuchung gefährden könnte. Das Kind sollte jedoch in der Lage sein, in seinen eigenen Worten zu erklären, was passiert ist, ohne dass ihm irgendwelche Suggestivfragen gestellt werden, sondern nur offene Fragen. Zuletzt ist es von Vorteil, wenn die zuhörende Person die Meldung dokumentiert, also ein paar kurze Notizen dazu macht und diese so bald wie möglich genauer ausführt (British Council, 2023).

Wie kann die Online-Sicherheit in Zukunft gefördert werden?

Das Internet bietet Kindern unglaubliche Möglichkeiten, zu lernen, Kontakte zu knüpfen und sich selbst auszudrücken. Nichtsdestotrotz kann es eindeutig genauso gut einen unsicheren Ort für Kinder darstellen. Was sich online abspielt, spiegelt die Realität der Kinder wider, der sie täglich offline begegnen – zu Hause, in der Schule und in ihrem weiteren Umfeld, und es kann sich langfristig auf die Kinder auswirken. 

Aus diesem Grund ist es unerlässlich, die Online-Sicherheit für Kinder zu fördern. Dabei ist es nötig, alle am Leben eines Kindes beteiligten Personen einzubeziehen, angefangen beim Bildungssektor, um Kindern Digitalkompetenz und Online-Sicherheitskompetenzen zu vermitteln (UNICEF, 2023). Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie dringend notwendig es ist, diese Fähigkeiten zu verbessern, und dass das derzeitige Bildungssystem nicht in der Lage ist, auf diese Bedürfnisse einzugehen.

Auch Regierungen spielen eine Rolle, indem sie sich für die notwendigen Vorschriften einsetzen und diese verabschieden. Außerdem haben Technologieunternehmen die Pflicht, auf ihren Plattformen die Verwendung geeigneter Sicherheitsmaßnahmen zu fördern (UNICEF, 2023). Maßnahmen zum Schutz von Kindern im digitalen Umfeld sollten jedoch die Ausübung anderer Rechte, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf Zugang zu Informationen oder das Recht auf Vereinigungsfreiheit, nicht unangemessen einschränken (ITU, 2020).

Die Regierungen sollten die Nutzung des Internets zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt fördern, z. B. durch die Entwicklung von Technologien und Ressourcen, um Kindern den Zugang zu Informationen zu ermöglichen, durch die Blockierung von schädlichem Material und die Meldung von Gewalttaten, wenn diese auftreten (ITU, 2020). Darüber hinaus sollten die Regierungen ein klares und vorhersehbares rechtliches und regulatorisches Umfeld schaffen, das Unternehmen und andere Dritte dabei unterstützt, ihrer Verantwortung für den Schutz der Kinderrechte während ihrer gesamten Tätigkeit im In- und Ausland nachzukommen (BIK, 2020).

Die Europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder (die „Better Internet for Kids“- oder „BIK“- Strategie) bildet in diesem Sinne den wichtigsten übergreifenden Rahmen für Maßnahmen zur Sicherheit und Ermächtigung von Kindern bei der Nutzung digitaler Technologien. Sie bündelt Beiträge der Europäischen Kommission, der Mitgliedstaaten und der Industrie und zielt darauf ab, konkrete Lösungen für Probleme zu finden, mit denen Kinder bei der Nutzung des Internets konfrontiert sind, um so ein sichereres und besseres Internet für Kinder zu schaffen (BIK, 2020).

Neben dem internationalen und nationalen Rahmen ist es wichtig zu betonen, dass alle Menschen, die an dem Leben eines Kindes beteiligt sind, für dessen Schutz eine wichtige Rolle spielen. Eltern, Erziehungsberechtigte, pädagogische Fachkräfte und alle Menschen, die an dem Leben des Kindes teilhaben, spielen eine bedeutende Rolle bei der Erkennung einiger der oben genannten Risiken und deren Vorbeugung.

Deswegen ist es wichtig, die Signale von Online-Missbrauch zu erkennen, zum Beispiel wenn ein Kind viel mehr oder weniger Zeit als gewöhnlich online verbringt, Textnachrichten schreibt, spielt oder soziale Medien nutzt; wenn das Kind distanziert, aufgebracht oder wütend zu sein scheint, nachdem es im Internet war oder Nachrichten geschrieben hat, oder wenn es ein Geheimnis daraus macht, mit wem es redet und was es online oder mit seinem Handy macht (NSPCC, 2023).

Alle spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das Kind vor den Risiken des Online-Missbrauchs zu schützen und das Kinderrecht auf Schutz und Information zu fördern. Humanium steht in diesem Sinne bei diesem gemeinsamen Ziel an vorderster Front und macht durch seine Arbeit, auf diese Probleme aufmerksam und versucht, Instrumente und Best Practices zu fördern. Wenn Sie dazu beitragen möchten, können Sie gerne spenden, sich ehrenamtlich engagieren oder Mitglied werden. 

Geschrieben von Arianna Braga

Übersetzt von Lara Kieninger

Korrektur gelesen von Rebecca Richter

Bibliographie:

AIFS (2015). Responding to children and young people’s disclosures of abuse. Retrieved from: https://aifs.gov.au/resources/practice-guides/responding-children-and-young-peoples-disclosures-abuse, accessed on 17 February 2023. 

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Puddephatt, A. and Hargreaves, S. (2019). 2018 Annual Report. Retrieved from: https://www.iwf.org.uk/report/2018-annual-report, accessed on 12 February 2023. 

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