Menschenhandel − Das Geschäft mit der Ware Mensch

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Heute, am 30. Juli, ist der internationale Tag gegen den Menschenhandel. Für Täter ist Menschenhandel vermutlich die lukrativste unter den Menschenrechtsverletzungen: Schätzungen zufolge werden in diesem „Business“ jährlich 150 Milliarden Dollar Gewinn erzielt (ILO, 2014, S. 13). Für diesen Ertrag handeln Menschenhändler jeden Tag tausende Menschen auf der ganzen Welt wie Ware, um sie für sexuelle Handlungen, Arbeitskraft oder Sklavendienste auszubeuten. Fast jedes Dritte Opfer ist ein Kind.

Menschenhandel ‒ Was ist das?

Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein wurde der Begriff Menschenhandel ausschließlich für den Handel mit Sklaven verwendet. Seit Abschaffung der (legalen) Sklaverei, wird Menschenhandel mit „moderner Sklaverei“ in Verbindung gebracht. Moderne Sklaverei dient als Oberbriff für verschiedene Formen der Ausbeutung von Menschen wie Menschenhandel, Schuldknechtschaft, Zwangsarbeit (worunter auch sexuelle Ausbeutung fällt), Sklaverei und sklavereiähnliche Praktiken und Zwangsheirat (Vergleiche Allianz 8.7, 2017, S.9). Im Gegensatz zu den anderen Formen moderner Sklaverei beschreibt Menschenhandel aber nicht die nicht die Ausbeutungssituation selbst, sondern das Herbeiführen der ausbeuterischen Situation (Vergleiche Allianz 8.7, 2017, S.18).

Die international gültige Definition von Menschenhandel ist in Artikel 3 des Zusatzprotokolls zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zur Konvention gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Menschenhandel-Protokoll) von den Vereinten Nationen festgelegt. Menschenhandel setzt sich hiernach aus drei Elementen zusammen: einer Handlung, einem Mittel, und dem Zweck.

  1. Handlung ist die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen.
  2. Die Handlung muss durch eines der folgenden Mittel begangen werden:
    • Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung,
    • Entführung,
    • Betrug,
    • Täuschung,
    • Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder
    • Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat.
  3. Zweck von Menschenhandel ist die Ausbeutung. Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen.

Bei Kindern unter 18 Jahren liegt bereits dann Menschenhandel vor, wenn die Elemente Handlung und Zweck erfüllt sind. Kinderhandel ist also die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Kindern zum Zweck der Ausbeutung.

Rechtlicher Hintergrund

Mit der Ratifikation des Menschenhandel-Protokolls von 2000 haben sich bisher 174 Staaten (Vergleiche VN, Treaty Collection) dazu verpflichtet, Menschenhandel in ihrer nationalen Rechtsordnung zu kriminalisieren (Vergleiche Artikel 5 Menschenhandel-Protokoll).  Nach dem Stand vom August 2018 sind bisher 168 Staaten dieser Verpflichtung nachgekommen (Vergleiche UNODC, 2018, S.45). Weiterhin haben sich die die Staaten dazu verpflichtet den Opfern von Menschenhandel Hilfe und Schutz zu bieten Konzepte zur Prävention von Menschenhandel auszuarbeiten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen (Vergleiche Abschnitte II und III Menschenhandel-Protokoll).

Im Jahr 2015 haben die Vereinten Nationen die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung festgelegt. Zielsetzung 8.7 der Agenda fordert die Ergreifung sofortiger und wirksamer Maßnahmen um Zwangsarbeit, moderne Sklaverei und Menschenhandel sowie Kinderarbeit bis 2025 in an all ihren Formen zu beenden. Hiermit eng verbunden sind auch die Zielsetzungen 5.2 und 16.2, die fordern, Gewalt gegen Frauen und Mädchen beziehungsweise Kinder, eingeschlossen Ausbeutung und Handel, zu eliminieren. (Vergleiche VN, Agenda 2030)

Artikel 35 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen von 1989 verlangt das Treffen aller „geeigneten innerstaatlichen, zweiseitigen und mehrseitigen Maßnahmen, um die Entführung und den Verkauf von Kindern sowie den Handel mit Kindern zu irgendeinem Zweck und in irgendeiner Form zu verhindern.“

Wie viele Opfer gibt es?

Das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) registriert seit 2003 die offiziellen Opferzahlen von Menschenhandel, die es berichtenden Staaten bekommt. 2016 hat das UNODC so in 97 Staaten über 25.000 Opfer von Menschenhandel identifiziert (Vergleiche UNODC, 2018, S.21). Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich mit den Jahren zuvor. (Vergleiche UNODC, 2018, S.13).

Es ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Anzahl der Opfer sogar weitaus höher als 25.000 liegt. Nach Schätzungen der Allianz 8.7, die von der ILO und der Walk Free Foundation gegründet wurde, wurden im 2016 circa 40,3 Millionen Menschen Opfer von moderner Sklaverei. Davon wurden 24,9 Millionen Menschen zur Arbeit gezwungen und 4,8 Millionen sexuell ausgebeutet. (Vergleiche Allianz 8.7, 2017, S.9−10)

Auch wenn Menschenhandel in den Schätzungen nicht explizit genannt wird gibt es eine enge Relation zwischen der Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung und der Ausbeutung selbst (Vergleiche Allianz 8.7, 2017, S.17). Sind die Zahlen für moderne Sklaverei besonders hoch, ist daher auch von vielen Menschenhandelsopfern auszugehen (Vergleiche Allianz 8.7, 2017, S.17).

Opferprofil – Über 70% der Opfer sind Frauen oder Mädchen

„Menschenhandel nimmt viele Formen an und kennt keine Grenzen“ (Guterres, 2018).

In allen Regionen der Welt wird mit Menschen gehandelt (Vergleiche UNODC, 2018, S.10). Menschenhändler machen sich die persönliche Not und Verwundbarkeit ihrer Opfer zunutze. Häufig werden daher Flüchtlinge und Migranten, Minderheiten und Menschen aus anderen benachteiligte Gruppen Opfer von Menschenhandel. Menschen in Armut sowie in Konfliktsituationen sind besonders gefährdet. (Vergleiche UNODC, 2018, S.12)

Fast die Hälfte der Opfer von Menschenhandel sind Frauen (49%). 30% der Opfer sind Kinder, davon 23% Mädchen. In einigen Regionen, wie zum Beispiel in Subsahara-Afrika und in Zentralamerika und der Karibik, gibt es sogar mehr  minderjährige als erwachsene Opfer. (Vergleiche UNODC, 2018, S.10−11)

Während Männer hauptsächlich für Zwangsarbeit gehandelt werden, werden 83% der Frauen sexuell ausgebeutet. Auch bei Mädchen ist sexuelle Ausbeutung das Hauptgeschäft der Menschenhändler: In 72% der Fälle werden sie für sexuelle Ausbeutung gehandelt.  Aber auch die Ausbeutung in Form von Zwangsarbeit ist bei Mädchen keine Seltenheit. Die meisten der betroffenen Jungen werden für Zwangsarbeit gehandelt. Viele werden aber auch sexuell ausgebeutet oder für andere Formen der Ausbeutung wie Betteln, als Kindersoldaten oder für bewaffnete Verbrechen gehandelt. (Vergleiche UNODC, 2018, S.28)

Lösungsansätze

Obwohl die Zahl der Verurteilungen wegen Menschenhandel in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist, gibt es immer noch viele Gebiete, in denen viele Opfer entdeckt, aber kaum Menschenhändler angeklagt werden. Beispiele hierführ sind Subsahara-Afrika und Teile von Asien. Eine effektivere Strafverfolgung, insbesondere in diesen Regionen, ist daher unbedingt notwendig. (Vergleiche UNODC, 2018, S.13)

Ein Ansatz um speziell Kinder besser vor Menschenhändlern zu schützen ist die Durchführung spezifischer Schulungen für Pädagogen, damit diese zukünftig in der Lage sind Kinder, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, zu erkennen und ihnen zu helfen. (Vergleiche UNODC, 2018, S.13)

DerKampf gegen den Menschenhandel ist eines der größten Menschenrechtsanliegen unserer Zeit“ (Obama, 2012). Der heutige Tag soll an die Notwendigkeit erinnern diesen Kampf anzutreten und das Geschäft, in dem  Menschen wie Ware behandelt werden, endgültig zu beenden. Bei Humanium stehen wir entschieden gegen den Menschenhandel. Unser Ziel ist es, die Rechte der Kinder zu stärken und sie zu verwirklichen, in der Hoffnung, dass jeden Tag immer mehr Kinder auf der ganzen Welt in eine vielversprechende Zukunft blicken können.

Autorin: Giulia Welge

Quellen:
Alliance 8.7. Global Estimates of Modern Slavery: forced labour and forced marriage, (Geneva, 2017), available at: https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/—dgreports/—dcomm/documents/publication/wcms_575479.pdf (accessed on 11 July 2019).
[cited as: Alliance 8.7, 2017]
Guterres, António. Human Trafficking ‘Takes Many Forms, Knows No Borders’, Secretary-General Says in Message for World Day ( 27 July 2018), available at: https://www.un.org/press/en/2018/sgsm19146.doc.htm (accessed on 11 July 2019).
[cited as: Guterres, 2018]
International Labour Office. Profits and Poverty: The Economics of Forced Labour (20 May 2014), available at: https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/—ed_norm/—declaration/documents/publication/wcms_243391.pdf (accessed on 11 July 2019).
[cited as: ILO, 2014]
Obama, Barack. Remarks by the President to the Clinton Global Initiative (New York, 25 September 2012), available at: https://obamawhitehouse.archives.gov/the-press-office/2012/09/25/remarks-president-clinton-global-initiative (accessed on 11 July 2019).
[cited as: Obama, 2012]
United Nations Office on Drugs and Crime. Global Report on Trafficking in Persons 2018 (December 2018), available at: https://www.unodc.org/documents/data-and-analysis/glotip/2018/GLOTiP_2018_BOOK_web_small.pdf (accessed on 11 July 2019).
[cited as: UNODC, 2018]
United Nations. Convention on the Rights of the Child(1989), available at: https://www.ohchr.org/en/professionalinterest/pages/crc.aspx (accessed on11 July 2019).
United Nations. Resolution 70/1 adopted by the General Assembly on 25 September 2015. Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development, available at: https://www.un.org/en/development/desa/population/migration/generalassembly/docs/globalcompact/A_RES_70_1_E.pdf (accessed on 11 July 2019).
[cited as: UN, 2030 Agenda]
United Nations. Treaty Collection: Status of Treaties, CHAPTER XVIII No 12.a Protocol to Prevent, Suppress and Punish Trafficking in Persons, Especially Women and Children, supplementing the United Nations Convention against Transnational Organized Crime, available at: https://treaties.un.org/pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XVIII-12-a&chapter=18&clang=_en (accessed on 11 July 2019).
[cited as: UN, Treaty Collection]
United Nations. Protocol to Prevent, Suppress and Punish Trafficking in Persons Especially Women and Children, supplementing the United Nations Convention against Transnational Organized Crime (2000), available at: https://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar55025anlage2-oebgbl.pdf (accessed on 11 July 2019).
[cited as: TIP-Protocol]